„Der Römische Carneval ist ein Fest, das sich das Volk selbst gibt.“[1]

In einem Gespräch mit Dr. Friedrich Dieckmann zu Hans Mayer und dessen Goetheleidenschaft fiel auch das Stichwort „Romantik“. War diese Zeit für den Namensgeber unserer Gesellschaft eher nachgeordnet? Mit gezieltem Griff in seine Bibliothek stellte Friedrich Dieckmann klar: auch das war ein Thema für Hans Mayer. In seiner bei «Rütten & Loening» erschienen »Deutschen Literatur und Weltliteratur« aber auch in anderen Werken.
1983 erschien im Verlag Neske Pfullingen Mayers Buch »Zur deutschen Klassik und Romantik«.[2] Darin findet sich ein Beitrag über Goethes »Italienische Reise« und den Karneval als ein zentrales Thema. Das Gespräch mit Dr. Friedrich Dieckmann fand am 1. März in Berlin statt, einen Tag nach «Weiberfastnacht».
Gedrängt in langen Reihen standen zu den „tollen Tagen“ die Karnevalsflüchtlinge aus der Republik vor den Museen Berlins. Sie suchten Freude und Sinn in der Kultur und vergaßen die Forderung nach der Macht, die sich zumindest symbolisch das Volk in der 5. Jahreszeit nahm. Dieser Ursprung ist aus dem Horizont gekommen.

Nicht nutzen konnte die ihm scheinbar in seinem Fürstentum gegebene Macht mehr als 230 Jahre zuvor ein Kunst- und Kulturversessener, den es nach «Arkadien» trieb. Sein Suchen galt dem Blick auf das wirkliche Leben in Rom und nicht auf das vielfach vorhandene kunstgeprägte Verständnis.
Gesucht und in der Bücherwelt Berlins gefunden, Hans Mayers schon genanntes Buch »Betrachtungen zur Klassik und Romantik« mit dem Beitrag zu Goethes »Italienischer Reise«. Man hat sie gelesen, als klassische Reisebeschreibung über das „Land wo die Zitronen blühen“. Als die Erfüllung eines Jugendtraumes oder als Flucht vor der letztlich unerfüllbaren Liebe zur Frau vom Stein. Folgt man allerdings den erhellenden Gedanken Hans Mayers liegen die Dinge etwas anders:
Goethes „italienische Einsichten haben nichts mit «Verkümmerung» (Mehring) zu tun, sondern mit tiefer Einsicht auch in die geschichtlichen Zusammenhänge, denen sein bisheriges Leben und Wirken unterworfen war. … Alles war daran gescheitert, daß die Machtverhältnisse in diesem thüringischen Staatswesen eines kleinen Absolutismus durch Goethes Wirken nicht erschüttert werden konnte.“
Goethe: „Ich schrieb zu gleicher Zeit einen Aufsatz über Kunst, Manier und Stil einen anderen, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären, und das römische Karneval; die zeigen sämtlich was damals in meinem Inneren vorging …“ Mayer resümiert: „Auf Einsicht in Gesetzlichkeiten war alles angelegt…. Wie der Stilbegriff die Überwindung des Geniebegriffs, so bedeutete die Darstellung des römischen Karnevals als eines gleichzeitig natürlichen wie nationalen, dabei gesetzmäßigen Vorgangs, die Preisgabe bloßer Imagination im Bereich des Gesellschaftlichen… Goethes Italienische Reise ist ein Grundwerk zum Verständnis der geistigen Welt ihres Verfassers.“
Mayer: Erst der 80jährige Goethe hat 1829 den dritten Teil der Italienischen Reise herausgegeben. Darin wird aus aller Erkenntnis von Natur, Gesellschaft und Kunst auch die Maxime der Lebensgestaltung gewonnen: »Daß der Moment alles ist, und daß nur der Vorzug eines vernünftigen Menschen darin bestehe, sich so zu betragen, daß sein Leben, insofern es von ihm abhängt, die mögliche Masse von vernünftigen, glücklichen Momenten enthalte.«[3]

[1] Johann Wolfgang Goethe, Italienische Reise, Deutscher Klassiker-Verlag, Berlin 2011 Bd.1, S. 518ff oder Johann Wolfgang Goethe, Italienische Reise, Sämtliche Werke Hanser Verlag, Band 15 München 1992, S. 572ff
[2] Hans Mayer, Zur deutschen Klassik und Romantik, Pfullingen 1963
[3] ebenda, S. 77