„Goethe-höchst-selbst“

Liebe Leserinnen und Leser,

nein, es geht nicht um den Geheimrat dessen 269. Geburtstag man am 28. August würdigen konnte. In Christoph Heins neuem Buch »Verwirrnis«, das ich nachdrücklich zur Lektüre empfehle, geht es um „geheime Liebe in unruhigen Zeiten“. Im Klappentext heißt es dazu:
„Friedeward liebt Wolfgang. Und Wolfgang liebt Friedeward. Sie sind jung, genießen die Sommerferien, fahren mit dem Fahrrad die weite Strecke ans Meer, und reden stundenlang über Gott und die Welt. Sie sind glücklich, wenn sie zusammen sind, und das scheint ihnen alles zu sein, was sie brauchen. Doch keiner darf wissen, dass sie mehr sind als beste Freunde. Es sind die 1950er-Jahre, sie leben im katholischen Heiligenstadt, und für die Menschen um sie herum, besonders für Friedewards strenggläubigen Vater, ist ihre Liebe eine Sünde. Käme ihre Beziehung ans Licht, könnten sie alles verlieren. Als sie zum Studium nach Leipzig gehen – Friedeward studiert Germanistik, Wolfgang Musik -, finden sie dort eine Welt gefeierter Intellektueller, alles flirrt geradezu vor lebendigem Geist. Und sie lernen Jacqueline kennen, die ihnen gesteht, dass sie eine heimliche Beziehung zu einer Dozentin hat. Zu viert besuchen sie die legendären Vorlesungen im Hörsaal vierzig, gehen ins Theater, tauchen gemeinsam ein ins geistige Leben der Stadt. Und da reift in den drei Freunden der Plan: Wäre es nicht die perfekte ‘Tarnung’, wenn einer von ihnen Jacqueline zum Schein heiraten würde?“
Bei den legendären Vorlesungen im »Hörsaal 40« geht es um die Vorträge Hans Mayers, der im Buch Heins unter dem Namen „Goethe-höchst-selbst“ agiert. Die Beschreibungen des “Mayer-Schülers” Christoph Hein sind sicher sehr nah an der Realität. Interessant auch der Blick auf beide Deutschlands zu jener Zeit, die Hein als ein ausgezeichneter Chronist kenntnisreich erzählt. Spannend auch mit dem Lebensschicksal der „Außenseiter“ homosexueller und lesbischer Liebe in Deutschland Ost und West.
Über den »Hörsaal 40« als „seinen Ort“ hat auch Hans Mayer selbst geschrieben, im Band II seiner Erinnerungen als ein Deutscher auf Widerruf. Es ging für Mayer dort um ein „unentwirrbares Suchen und Finden“ eine Zustandsbeschreibung, die sich vielleicht nicht zufällig mit dem Titel »Verwirrnis« von Heins Roman verbindet.